Stiftung Marthahaus Halle / Kreis, Norbert: Mythos Martha
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Stiftung Marthahaus Halle / Kreis, Norbert: Mythos Martha
Mythos Martha ist ein kunst- und theologiegeschichtlich bereicherndes Werk, das die biblische Figur Martha in den Fokus rückt und zugleich die wechselhafte Rezeption ihrer Gestalt in der bildenden Kunst beleuchtet. Herausgegeben von Norbert Kreis für die Stiftung Marthahaus Halle, lädt dieses Buch dazu ein, den „Martha-Mythos“ neu zu denken und tradierte Klischees geistlich zu hinterfragen.
Theologischer Gehalt & Symbolik
Aus theologischer Perspektive ist das Buch besonders wertvoll, weil es nicht nur die biblische Martha in ihrer klassischen Funktion thematisiert, sondern auch alternative Deutungen zulässt. Oft wird Martha traditionell mit Dienst, häuslicher Pflicht und der „aktiven“ Lebensweise assoziiert – im Gegensatz zur ruhenden, kontemplativen Maria. Das Buch zeigt jedoch, wie sehr diese polare Interpretation Martha auf ein eindimensionales Bild reduziert.
Indem die Herausgeber:innen ältere und neuere Darstellungen zusammenführen, öffnet sich ein theologisch vielfältiger Blick auf Martha: Sie erscheint nicht nur als dienende Haushälterin, sondern auch als engagierte, mutige, einladende oder moderne Gestalt. Solche differenzierten Lesarten geben Martha eine neue theologische und symbolische Tiefe, die über stereotype Zuschreibungen hinausgeht.
Kunst- und Kulturgeschichte
Das Buch besticht durch seinen kunsthistorischen Zugang: Es ist als kommentiertes Bilderbuch konzipiert, mit zahlreichen Abbildungen von Gemälden und Skulpturen, die Martha in ganz verschiedenen Facetten zeigen. Die visuelle Präsentation bietet nicht nur ästhetischen Genuss, sondern eröffnet auch einen Zugang zu theologischen Fragen: Welche Rolle hat Martha im kirchlichen Selbstverständnis? Wie prägt ihr Bild das kirchlich-soziale Leben, etwa in Marthahäusern?
In diesem Sinne ist Mythos Martha auch ein kulturelles Spiegelbild: Die Texte stammen nicht nur von Kunsthistoriker:innen, sondern auch von Menschen aus dem Umfeld des Marthahauses Halle, was dem Buch eine sehr persönliche und gemeindebezogene Dimension verleiht.
Ethische und soziale Reflexion
Besonders theologisch anregend ist der kritische Blick auf die Gründungsmythen der Marthahäuser im 19. Jahrhundert. Dort wird Martha häufig als Symbol für hauswirtschaftliche Dienstbarkeit verwendet – ein Motiv, das das Selbstverständnis dieser Einrichtungen tief geprägt hat. Das Buch hinterfragt diese historische Dimension und zeigt, welche neuen Perspektiven auf Martha heute möglich sind: nicht nur als Dienerin, sondern auch als aktive Gestalterin von Gemeinschaft.
So verbindet der Band spirituelle Reflexion mit sozialethischer Relevanz. Martha wird nicht nur als biblisches Vorbild, sondern auch als Symbol für Empowerment, Solidarität und gelebten Glauben neu ins Gespräch gebracht.
Gestaltung & Zielgruppe
Mit ca. 100 Seiten ist das Buch kompakt, aber gehaltvoll – ideal für Leser:innen, die sich sowohl kunsthistorisch als auch theologisch einbringen möchten. Die handliche Taschenbuchausgabe macht es zugänglich für Studierende, Gemeindemitarbeitende, Kunstinteressierte und spirituell Suchende gleichermaßen. Der Preis von etwa 16 € unterstreicht, dass dies kein exklusives Fachwerk ist, sondern ein Angebot für breite Kreise.
Fazit: Mythos Martha ist ein sehr gelungenes und bereicherndes Buch. Es lädt ein, Martha nicht als eindimensionales Klischee zu sehen, sondern als komplexe, vielgestaltige Figur, deren Bild in Kunst, Theologie und Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielt. Der Sammelband verbindet Kunstgeschichte, Spiritualität und soziale Reflexion auf eine Weise, die sowohl Herzen als auch Köpfe öffnet – ein inspirierendes Werk für alle, die den „Martha-Mythos“ neu entdecken wollen.
Stiftung Marthahaus Halle (Auftraggeber) / Norbert Kreis (Herausgeber)
Mythos Martha
Zur Darstellung der Martha in der bildenden Kunst
ISBN: 978-3-374-07963-6
Paperback
Seitenzahl: 108
16,00 €