ANGEDACHT:
Macht Glauben glücklich?
Macht Glauben glücklich?
Zur Jahreslosung 2014: „Gott nahe
zu sein ist mein Glück.“ (Psalm 73, 28)
„Das passt ja überhaupt nicht“,
dachte ich mir, als ich den Konfirmationsspruch erfuhr, den
mir mein Pfarrer mit auf dem Lebensweg gegeben hatte: „Ich
wandle fröhlich, denn ich suche die Weisungen des Herrn“
(Psalm 119,45). Nun, fast 40 Jahre später, weiß ich, dass
er nur zu gut passt, da er zu meinem Lebensmotto geworden
ist: Fröhlich durchs Leben zu gehen mit einem suchenden
Blick auf Gott und seine Weisungen. Zugegeben: Das mit der
Fröhlichkeit klappt nicht jeden Tag. Da kann ich den Beter
des Psalms unserer Jahreslosung 2014 gut verstehen, auch ihm
schwillt der Kamm, wenn er in die Welt blickt: Nicht die
braven Menschen haben es gut, sondern die Zeitgenossen, die
auf Gott und die Moral pfeifen:
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„Sie leiden ja keine Qualen, ihr Leib ist
gesund und wohlgenährt. Sie kennen nicht die Mühsal der Sterblichen,
sind nicht geplagt wie andere Menschen. Darum ist Hochmut ihr
Halsschmuck, wie ein Gewand umhüllt sie Gewalttat. Sie sehen kaum aus
den Augen vor Fett, ihr Herz läuft über von bösen Plänen. Sie höhnen,
und was sie sagen, ist schlecht; sie sind falsch und reden von oben
herab. … Wahrhaftig, so sind die Frevler: Immer im Glück, häufen
sie Reichtum auf Reichtum. (Psalm 73 4-12).
Ich kann die Wut des Beters verstehen: Denn wie
kann es sein, dass die Hochmütigen mit Gesundheit und allen
Bequemlichkeiten belohnt werden? Wie kann es sein, dass sie für
Betrug und Gewalt auch noch zu Reichtum kommen? Wie kann es sein, dass
den Großmäulern die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, während
die unschuldigen und kleinen Menschen an ihrer täglichen Plackerei
fast zugrunde gehen? Auch heute fragen sich das viele Menschen in
Deutschland und in der Welt, wenn wir die ungerechte Verteilung von
Reichtum weltweit in den Blick nehmen. Den Armen in Afrika und Asien müssen
wir Europäer vorkommen wie diejenigen, die vor Fett kaum aus den
Augen schauen können und mit aufgerissenen Mäulern die Weltpolitik
beherrschen und Flüchtlinge im Mittelmeer absaufen lassen.
Trotzdem ist es für den Psalmbeter keine
Alternative, egoistisch und rücksichtslos zu leben. Trotz aller
Verlockungen von Reichtum und Prestige weiß er in seinem Herzen:
„Gott nahe zu sein ist mein Glück!“ Und wo findet man ihn? Ich
bin ihm nahe im Gebet, in den vielen Geschichten und Erfahrungen der
Bibel und in wunderbaren Begegnungen des Alltags. Gott lässt sich
finden mit offenen Augen und offenen Herzen. So weiß ich mich von
Gott getragen und geführt; gerade weil mein Lebensweg nicht so
verlaufen ist, wie ich es geplant hatte. Trotzdem, - und gerade weil
es viel Ungerechtigkeit und falsche Wege gibt, denke ich fast täglich
an meinen Konfirmationsspruch: „Ich wandle fröhlich, denn ich suche
die Weisungen des Herrn.“ Und ich weiß, dass ich mein Glück auf
diesem Weg gefunden habe und immer wieder finde, auch in manch
finsterem Tal. Gott nahe zu sein, ist mein Glüc k, - auch Ihr Glück.
Der Glaube an Gott macht glücklich, aber nicht naiv und blind. Diese
Geborgenheit in Gott und diese Kraft, die sie schenkt, wünsche ich
Ihnen für das neue Jahr. Und teilen Sie dieses Glück, - das macht
auch andere glücklich und wird Sie noch glücklicher machen und die
Welt verändern, sie auch für andere glücklicher machen.
Ich wünsche Ihnen ein segensreiches neues Jahr
mit Glück, Frieden, Zufriedenheit für sich und Ihre Mit-Menschen!
Pfr. Otto W. Ziegelmeier
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